Deutschland hat viele große Torhüter hervorgebracht, die es zu Weltruhm brachten. Aber nur wenige Schlussleute schafften auch den Sprung zur Legende. Oliver Kahn ist fraglos einer der Keeper, der dies für sich in Anspruch nehmen darf. Wir stellen ihn hier im Porträt vor und haben auch einen Blick auf sein Leben nach der aktiven Karriere.
Kahns Karriere als Spieler auf einen Blick
- 👶 Geburtsdatum & -ort: 15.06.1969 in Karlsruhe, Deutschland 🇩🇪
- ✍️ Vereine: Karlsruher SC, FC Bayern München
- ⏳ Dauer der Profikarriere: 1987 bis 2008
- 🏆 Größte Erfolge Vereinsebene: Champions League 2001, UEFA-Pokal 1996
- 🥇 Größte Erfolge Nationalmannschaft: Europameister 1996, Vize-Weltmeister 2002
- 💪 Größte persönliche Erfolge: Welttorhüter 1999, 2001, 2002
- #️⃣ Typische Rückennummer: 1
Der Beginn von Kahns Profikarriere
Kahn stammt aus einer Fußballer-Familie. Sein Vater Rolf und sein großer Bruder Axel waren Profis. Sie spielten beide für den Karlsruher SC. Fast zwangsläufig begann hier auch Olivers Karriere, der schon mit sechs Jahren erstmals auf dem Platz stand – damals aber noch als Feldspieler.
Ins Tor wechselte er kurz danach, weil ihm seine Großeltern ein Torwarttrikot der „Sepp-Maier-Edition“ zum Geburtstag schenkten, was er ehren wollte. Beim KSC machte er sich schnell einen Namen und wurde 1987 zum Profi. Seit 1990 hatte er einen Stammplatz.
Seine beste Zeit: Kahn beim FC Bayern München
1994 wechselte Kahn zum FC Bayern München und ersetzte hier Raimond Aumann. Er kostete eine Ablöse von umgerechnet 2,4 Millionen Euro. Es sollte sich für beide Seiten auszahlen. Der „Titan“ errang mit den Bayern acht deutsche Meisterschaften, sechs Mal den Pokal, den UEFA-Pokal, den Weltpokal und die Champions League. Er selbst wurde drei Mal Welttorhüter und sicherte sich zahllose weitere persönliche Auszeichnungen.
Für sein Team war er der unangefochtene Führungsspieler. Beispielhaft sei an das Finale der deutschen Meisterschaft 2001 erinnert. Diese schien an den FC Schalke 04 zu gehen, da die Bayern gegen den HSV in der Nachspielzeit zurücklagen. Kahn motivierte sein Team zum Weitermachen und peitschte es auf diese Weise so nach vorne, dass Patrick Andersson durch einen indirekten Freistoß doch noch das 1:1 und damit den Titel erreichte.
Kahn als Nummer 1 Deutschlands bei Welt- und Europameisterschaften
Kahn war seit 1995 im Deutschland-Trikot für die Nationalmannschaft zu sehen. 1996 wurde er Europameister in England, blieb dabei aber selbst ohne Einsatz. Nach der WM 1998 wurde er Stammwort. Anfangs war diese neue Phase seiner Karriere aber nicht von Glück geprägt. Die EM 2000 entwickelte sich zum Desaster für die deutsche Mannschaft.
Der damalige Teamchef Erich Ribbeck hatte eine viel zu alte Mannschaft nominiert und hielt an einem System mit Libero fest, das längst überholt war. Dies sollte sich bitterlich rächen. Deutschland schied nach der Vorrunde sang- und klanglos aus. Daran konnte auch Kahn nichts ändern, der persönlich aber ein gutes Turnier spielte.
Zwei Jahre später lief es für Kahn und Deutschland bei der WM in Japan und Südkorea deutlich besser. Der „Titan“ war inzwischen zum Kapitän des DFB-Teams aufgestiegen und machte bei der Weltmeisterschaft dieser Rolle alle Ehre. Er zeigte wieder und wieder überragende Leistungen, insbesondere im 1 vs. 1. Kahn war es maßgeblich zu verdanken, dass Deutschland das Endspiel erreichte. Hier kam es aber zum Drama. Der deutsche Keeper verletzte sich leicht in einem Zweikampf und ließ deshalb einen Schuss Ronaldos durchrutschen, der den Sieg der Selecao auf den Weg brachte.
2004 war das letzte große Turnier Kahns als Nummer 1. Zum Leidwesen des Torhüters und der deutschen Fans erinnerte es aber wesentlich mehr an die EM 2000 als die WM 2002. Deutschland schied nach der Vorrunde aus. Kahn selbst spielte bestenfalls solide. Nach der EM verlor er deshalb seine Kapitänsbinde an Michael Ballack.
Der Ausklang einer großen Karriere
Im Prinzip leitete die EM 2004 das Ende von Kahns Karriere ein. Der neue Bundestrainer Jürgen Klinsmann verzichtete bewusst darauf, eine Nummer 1 zu benennen. Diese Rolle bekam bei der WM in Deutschland dann Jens Lehmann. Kahn durfte nur im bedeutungslosen Spiel um Platz 3 auf dem Platz stehen. Er trat danach aus der Nationalmannschaft zurück.
Auch auf Vereinsebene wurde es komplizierter. Die Bayern erlebten nach 2004 international schwierige Jahre. Unter Felix Magath war die Mannschaft nicht konkurrenzfähig mit den sonstigen großen Teams Europas. Erst die kurzfristige Rückkehr Ottmar Hitzfelds an die Seitenlinie änderte dies. Unter ihm blühte Kahn in seiner letzten Saison nochmals auf. Die Bayern kassierten nur 21 Gegentore in der gesamten Saison. Nie war ein Team besser – Kahn war der Rekord besonders zu verdanken. Am letzten Spieltag verließ er in der 89. Minute unter dem tosenden Applaus der Zuschauer den Platz – und beendete so seine Karriere.
Kahns Leben nach der aktiven Zeit
Der „Titan“ hatte ein bewegtes Leben nach der Karriere. Er arbeitete lange als TV-Experte und unterstützte verschiedene Akteure bei der Torhüter-Ausbildung. Durch sein erfolgreiches Studium der Wirtschaftswissenschaften schien er zudem prädestiniert dafür zu sein, als Funktionär bei einem Verein tätig zu werden. 2009 erfolgte das erste entsprechende Angebot: Kahn hätte Manager des FC Schalke 04 werden können, lehnte dies aber ab.
In den folgenden Jahren soll es zahlreiche weitere Offerten gegeben haben, die der frühere Weltklassetorhüter ebenfalls von sich wies. Erst 2020 änderte sich dies: Kahn akzeptierte einen Posten im Vorstand seines alten Arbeitgebers FC Bayern. Unter Karl-Heinz Rummenigge sollte er das Tagesgeschäft lernen und dann den Vorsitz des Gremiums übernehmen. Dies geschah zum 1. Juli 2021.
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