Ergebnistechnisch ist der italienischen Nationalmannschaft der Neustart nach dem Scheitern in den Play-offs zur Weltmeisterschaft 2022 in Katar allenfalls bedingt gelungen. Im Finalissima, dem Duell zwischen Europameister und Copa-America-Sieger, zog die Squadra Azzurra vergangenen Mittwoch im Londoner Wembleystadion gegen Argentinien klar mit 0:3 den Kürzeren. Und auch am Samstagabend gelang zum Auftakt der Nations League 2022/23 kein Erfolg, gegen Deutschland in Bologna aber immerhin ein 1:1-Unentschieden.
Dieses Remis wurde in der italienischen Presse indes höchst positiv kommentiert. Aus gutem Grund, denn während Bundestrainer Hans-Dieter Flick seine aktuelle Top-Elf aufbot, brachte Italiens Coach Roberto Mancini im Vergleich zur Niederlage gegen Argentinien zehn neue Feldspieler im Italien Trikot und ließ lediglich Torwart Gianluigi Donnarumma in der Anfangsformation. Neben Giorgio Chiellini, der sich gegen Argentinien aus der Nationalmannschaft verabschiedete, blieben auch bei der erfolgreichen EURO 2021 als Leistungsträger fungierende Akteure wie Leonardo Bonucci, Nicolo Barella oder Jorginho.
Debütant Davide Frattesi direkt in der Startelf
Dafür rückte eine von Sandro Tonali, der in seinem zweiten Jahr beim AC Mailand zum Leader avanciert ist und großen Anteil am Gewinn der Meisterschaft hatte, neue Generation in den Blickpunkt. Während Tonali mit seinen auch erst 22 Jahren bereits sein neuntes Länderspiel absolvierte, feierten am Samstagabend in Bologna gleich sechs Akteure ihr Debüt in der Squadra Azzurra. Davide Frattesi von Sassuolo Calcio durfte im Mittelfeld sogar von Beginn an ran. Federico Dimarco (Inter Mailand), Samuele Ricci, Tommaso Pobega (beide FC Turin), Wilfried Gnonto (FC Zürich) und Matteo Cancellieri (Hellas Verona) durften im Laufe der zweiten Halbzeit erstmals in der A-Nationalmannschaft ran.
Besonders der erst 18 Jahre alte Gnonto, der bis vor zwei Jahren bei Inter Mailand ausgebildet wurde und dann in der Schweiz den Durchbruch mit zuletzt zehn Toren und fünf Assists in 36 Pflichtspielen für Meister Zürich schaffte, hinterließ direkt bleibenden Eindruck. Nach 65 Minuten auf dem rechten Flügel für Matteo Politano eingewechselt, ließ Gnonto nur fünf Zeigerumdrehungen später Thilo Kehrer schlecht aussehen und bediente den in der Mitte lauernden Lorenzo Pellegrini, der zur italienischen Führung traf.
Viel Potential in der Offensive
Gleichwohl zeigte sich Trainer Mancini nach Spielschluss angesprochen auf die vielen jungen Spieler sehr zurückhaltend. „Es wird hart sein, diesen neuen Weg einzuschlagen“, betonte der Europameister-Coach, der im Hinblick auf die EM 2024 und die WM 2026 indes eine neue, schlagkräftige Einheit formen will und auch muss. Gerade in der Offensive ist mit einem vielversprechenden Gnonto, aber auch mit den diesmal verletzt fehlenden Federico Chiesa und Nicolo Zaniolo jede Menge Potential vorhanden. Auch Gianluca Scamacca deutete gegen Deutschland an, auch im Nationaltrikot zu einer verlässlichen Kraft im Sturmzentrum heranwachsen zu können.
In den anstehenden Spielen gegen Ungarn (7. Juni), die englische Nationalmannschaft (11. Juni) und in das DFB-Team (14. Juni) werden es indes kaum nur die jungen Akteure richten können. Vielmehr ist Mancini gefordert, einen passenden Mix mit Spielern wie Barella, Jorginho oder dem nach seinem Achillessehnenriss bei der EURO 2021 wieder fitten Leonardo Spinazzola zu finden. Gelingt das, dürfte mit Italien schon bei der EM 2024 wieder zu rechnen sein.