Nach den überzeugenden Partien im März in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1), mit dem die zuvor im Gastgeberland kaum vorhandene Vorfreude auf die Europameisterschaft 2024 doch noch einigermaßen frühzeitig geschürt wurde, hat sich die deutsche Nationalmannschaft die unmittelbare Vorbereitung auf das mit Spannung erwartete Heimturnier sicherlich anders vorgestellt als mit einem torlosen Unentschieden gegen die Ukraine und einem ebenso zähen wie späten 2:1-Sieg gegen Griechenland.
Schnitzer gegen Griechenland wird bestraft
Insbesondere haben die beiden Begegnungen eine zuvor noch leise schwelende Diskussion um Manuel Neuer als Nummer eins im deutschen EM-Tor entflammt. Nach 550 Tagen und damit erstmals seit dem 4:2-Sieg im letzten Gruppenspiel der Weltmeisterschaft 2022 in Katar gegen Costa Rica ist Neuer gegen die Ukraine zwischen die Pfosten der DFB-Auswahl zurückgekehrt. Zunächst bei allen Prüfungen auf dem Posten hätte der 38-Jährige dann kurz vor Schluss mit einem Fehlpass weit vor dem eigenen Gehäuse stehend auf Andriy Yarmolenko beinahe ein wohl entscheidendes Gegentor verursacht, hätte der ukrainische Routinier nicht überhastet die falsche Entscheidung getroffen und den im Abseits stehenden Artem Dovbyk angespielt.
Ging Neuers Schnitzer gegen die Ukraine noch gut, leistete sich der Weltmeister von 2014 gegen Griechenland abermals eine Unsicherheit, die diesmal bestraft wurde. Einen Distanzschuss von Christos Tzolis wehrte Neuer unzureichend und direkt vor die Füße von Giorgios Masouras ab, der aus kurzer Distanz zur griechischen Führung abstaubte.
Obwohl am Ende noch ein 2:1-Sieg gelang, zielten viele Fragen im Anschluss an die Partie auf Neuer und ob nicht womöglich doch Marc-Andre ter Stegen als EM-Torwart die bessere Wahl gewesen wäre, zumal Neuer bereits im Trikot des FC Bayern München sowohl im Halbfinale der Champions League bei Real Madrid (1:2) als auch am letzten Bundesliga-Spieltag bei der TSG Hoffenheim (2:4) schwer gepatzt hatte.
Nagelsmann und Rettig stützen Neuer
Julian Nagelsmann indes wollte sich nicht ansatzweise über eine Torhüterdiskussion einlassen: „Intern werden wir weder den Fehler anschauen, noch diskutieren, noch an der Torwartfrage herumdoktern. Er hat mein Vertrauen“, stärkte der Bundestrainer Neuer den Rücken und lag damit auf einer Wellenlänge mit DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig, der im Doppelpass von “Sport 1“ auch deutlich zu der Personalie Stellung nahm: „Insgesamt ist es mir eine zu negative Stimmung, was Manuel angeht. Er ist in einer Verfassung, dass er zu Recht die Nummer eins ist“, so Rettig, der zudem versicherte, dass es intern keinerlei Zweifel gebe:“Er hat von allen, die nah dran sind, den Rückhalt. Er ist in einem top Fitnesszustand.“
Auch innerhalb der Mannschaft erhielt Neuer Unterstützung, die der Routinier freilich rechtfertigen muss – schon am Freitag im EM-Eröffnungsspiel gegen Schottland. Sollte ein Neuer-Patzer dann dazu führen, dass die DFB-Elf den Turnierstart in den Sand setzt, würde die Diskussion nochmals um einiges lauter.