Ungarn blickt voller Vorfreude auf die EM 2021, die offiziell noch immer EURO 2020 heißt. Erneut darf der Vize-Weltmeister von 1954 an der Endrunde eines großen Turniers teilnehmen. Nach der EM 2016 gelang zum zweiten Mal in Folge die Qualifikation für die Europameisterschaft. Davor herrschte lange Dürre – die letzte WM-Endrunde mit ungarischer Beteiligung fand 1986 statt. Bei einer EM war das Land vor 2016 letztmals 1972 am Ball. 2016 endete der Weg erst im Achtelfinale.
Dieses Mal soll ein ähnlicher Erfolg gelingen. Dies wird aber schwer, heißen die Gruppengegner in EM 2021 Gruppe F doch Deutschland, Frankreich und Portugal. Nach der Verletzung von Dominik Szoboszlai ruhen die Hoffnungen ganz besonders auf Willi Orban. Dieser hätte auch für das DFB-Team auflaufen können. Geboren ist er schließlich in Kaiserslautern. Zum Glück für Ungarn entschied sich der Innenverteidiger jedoch anders.
Ungarns EM 2021 Star Willi Orban im Portrait
Die wichtigsten Infos | 🇭🇺 Willi Orban |
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Verein | RB Leipzig 🇩🇪 |
Position | Innenverteidigung |
Geburtsdatum | 03.11.1992 |
Größe | 1,86 m |
Einsätze/Tore Nationalmannschaft | 20/5 (Stand: 02.06.21) |
Marktwert | 16 Mio. € (Stand: 02.06.21) |
Größter Erfolg mit Nationalteam | Quali EM 2021 |
Ein Junge aus der Pfalz
Orban ist ein Junge aus der Pfalz. Geboren wurde er in Kaiserslautern als Sohn eines Ungarn und einer Deutschen, die über polnische Wurzeln verfügt. Orban hatte deshalb lange die Wahl aus drei Verbänden, als es um die Frage ging, für welches Nationalteam er auflaufen wollte.
Polen fiel allerdings früh aus der Auswahl. Jedenfalls ist nicht bekannt, dass sich der spätere Innenverteidiger irgendwann ernsthaft mit dieser Option beschäftigt hätte. Stattdessen musste die Entscheidung zwischen Deutschland und Ungarn fallen. Und dies geschah durchaus dramatisch. Aber der Reihe nach.
Die Anfänge als Profi beim 1. FC Kaiserslautern
Der Fußball war sehr früh die große Leidenschaft Orbans. Bereits mit vier Jahren spielte er in der Jugend des 1. FC Kaiserslauterns. Für 18 Jahre sollte er ihm die Treue halten. Orban durchlief beim FCK alle Jugendmannschaften. Mit der A-Jugend erreichte 2011 sogar das Finale der deutschen Meisterschaft. Zeitgleich schaffte er an einer Eliteschule sein Abitur. Hier zeigte sich bereits etwas, das später prägend für Orban werden sollte: Neben Talent brachte er auch Wille und Intelligenz mit. Dies macht ihn ungemein wertvoll.
Kaiserslautern erkannte dies und stattete ihn 2011/12 erstmals mit einem Profivertrag aus. Die ersten beiden Jahre pendelte er zwischen dem ersten und dem zweiten Team. Sein Debüt in der Bundesliga gab er gegen keinen geringeren Gegner als den FC Bayern München. Absteigen musste der FCK trotzdem.
Für Orban war dies allerdings fast ein Glück: In seinem zweiten Jahr als Profi eroberte er sich einen Stammplatz und kam dabei in der Innenverteidigung, auf der rechten Außenbahn und im defensiven Mittelfeld zum Einsatz. Insbesondere die Abwehrzentrale entwickelte sich dabei zu seiner sportlichen Heimat – obgleich das defensive Mittelfeld bis heute eine Nebenposition von ihm ist.
Wechsel nach Leipzig: Orban reift zum Top- und Führungsspieler
2015 hatte sich Orban einen Namen gemacht. Inzwischen spielte er seit einem Jahr für die deutsche U21-Nationalmannschaft. Andere Vereine waren aufmerksam geworden. Darunter waren auch einige Erstligisten. Orban wechselte tatsächlich, blieb aber erst einmal in der zweiten Liga. RB Leipzig holte ihn per Ausstiegsklausel. Die Bullen mussten für den damals 22-Jährigen zwei Millionen Euro bezahlen.
Willi Orban wechselt von Kaiserslautern zu Leipzig.
Mehr: http://t.co/pLXRTBvxxc#ssnhd pic.twitter.com/xTu1nZooed— Sky Sport News (@SkySportNews) June 16, 2015
Orban galt als gut genug, um mit Leipzig in die erste Liga aufzusteigen. Für die ganz großen Ziele schien er nicht geeignet zu sein. Dieser Eindruck täuschte jedoch. Er spielte sich im Team fest und wurde unter wechselnden Trainern zu einem unverzichtbaren Führungsspieler von internationaler Klasse. In Leipzig reifte er zu dem Akteur, der ein Team besser machen und auf ein neues Level heben kann.
Deutschland oder Ungarn: Für wen schlägt Orbans Herz?
In Leipzig hatte Orban eine schwierige Entscheidung zu treffen. In Deutschland schien nach der U21 das Ende seiner Nationalmannschaftskarriere gekommen zu sein. Bundestrainer Jogi Löw ignorierte ihn. Es ist bekannt, wie Orban selbst darüber dachte. Er wollte sich für Deutschland empfehlen und „nicht den einfachen Weg gehen“, wie er 2017 sagte. Auch, wenn er in Polen oder Ungarn vielleicht schneller eine Chance als bei Löw bekäme.
2018 war seine Geduld dann an ihr Ende gelangt. Lapidar ließ er bei Twitter wissen, dass er „jetzt übrigens auch Nationalspieler“ sei – und zwar „für Ungarn“. Sein Debüt gab er wenige Tage später gegen Griechenland. Er stand gleich in der Startelf. Im November 2018 erzielte gegen Estland sein erstes Tor für das ungarische Team. Seitdem hat er sich zum Fixpunkt der Abwehr und zur Leitfigur der gesamten Mannschaft entwickelt.
Kann Orban Ungarn zu einem Überraschungserfolg führen?
Eins ist sicher: Orban dürfte insbesondere gegen Deutschland bis in die Haaresspitzen motiviert sein. Aber reicht dies auch, um mit dem Ungarn EM 2021 Kader den Erfolg von der EURO 2016 zu wiederholen und das Achtelfinale zu erreichen? Um die Wahrheit zu sagen: Vermutlich nicht, insbesondere, da Szoboszlai an allen Ecken und Enden fehlen wird.
Die Gegner dürften mit dem französischen Nationalteam, Portugal und Deutschland einfach zu große Hausnummern sein. Selbst das Weiterkommen als bester Gruppendritter erscheint deshalb kaum möglich. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass Orban überrascht.
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